Flores y Robots

„Ein Gedicht sorgt für Aufregung. Es ist ein schlichtes Gedicht an einer Wand der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin. Es ist in Spanisch und stammt aus dem Jahr 1953. Es ist dort an der Giebelwand seit 2011. Eugen Gomringer, Schriftsteller und Begründer der Konkreten Poesie, hatte es, nachdem er den Alice Salomon Poetik Preis 2011 erhalten hat, der Hochschule übergeben.“ So Peter Epperlein in Telepolis vom 30. Oktober 2017. „Trotz seiner Größe von 15 Metern Höhe und 14 Metern Breite wurde es von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet, bis der AStA, die Studentenvertretung, daran Anstoß genommen hat. Es sei frauenverachtend und sollte daher übermalt werden. Die Frau würde als Objekt dargestellt werden. Das Subjekt, der Handelnde sei wieder einmal der Mann. Dies würde die Frauen an die Übergrifflichkeit der Männer, den täglichen Sexismus erinnern, und sei daher ein Symbol der Frauenunterdrückung.“ (Telepolis, 30. Oktober 2017) Das Gedicht liegt nun in einer neuen Fassung von Oliver Bendel vor, wurde von einer Roboterfrau namens Laura eingesprochen (zur Gestaltung wurde SSML verwendet) und kann hier heruntergeladen werden.

Abb.: Flores y Robots

IBM Watson trägt Gedichte vor

Dass Roboter auch Gedichte vortragen können, zeigt ein Projekt von Oliver Bendel, gestartet im November 2016. Benutzt wurde für den ersten Versuch die Text-to-speech-Engine von IBM Watson. Diese kann im Prinzip für Vorlesesysteme, für Chatbots oder für Serviceroboter verwendet werden. Das Gedicht wurde mit Hilfe der Speech Synthesis Markup Language (SSML) angepasst, einer auf XML basierenden Auszeichnungssprache. Die deutsche Stimme „Birgit“ unterstützt diese teilweise. So konnte das Personalpronomen „sie“ an drei Stellen in der Aussprache etwas verlängert werden. Es wurden Pausen am Anfang eingebaut, damit der Titel und die Metainformationen (Autor, System, Stimme, Datum) nicht zu schnell nacheinander gesprochen werden, zudem Pausen zwischen den Strophen. Der Titel des Gedichts lautet „Ein locker geflochtener Zopf“. Es geht um eine Astronautin, die auf einem Planeten, der Atmosphäre besitzt, ihr Haar schüttelt. Ein Roboter ist bei ihr, ein eitler Geck, der sich am liebsten selbst betrachtet. Die Texte aus der Sammlung „Die Astronautin“ kreisen um eine Frau im besten Alter, die allein in den Tiefen des Alls unterwegs ist. Veröffentlicht wurde daraus bisher nur „Auf dem obersten Deck“, und zwar in der Anthologie „Worte reden, Worte schweigen“ von 2013. Das Gedicht kann hier im Format .ogg heruntergeladen und beispielsweise im VLC Media Player angehört werden. In weiteren Versuchen will der Autor die Stimme selbst verändern und die eine oder andere Passage anders betonen lassen.

Haikus über Roboter und Maschinen

Haikus über Avatare, Roboter und Maschinen, über künstliche Kreaturen und Maschinenmenschen – bei Oliver Bendel haben sie Tradition. Die meisten dieser Gedichte sind im Band „handyhaiku“ abgedruckt, in dem die Werke auch über QR-Codes zur Verfügung stehen. Der Band wurde 2009 konzipiert und erschien 2010 in der ersten und 2011 in der zweiten Auflage. Ein Maschinenmädchen und ein Handyavatar tauchen dort auf, aber auch die goldenenen Dienerinnen des Hephaistos. Im weniger bekannten Band „stöckelnde dinger“ finden sich ebenfalls Reminiszenzen an die erste Blütezeit der künstlichen Wesen. Der Band ist 2010 bei Blackbetty erschienen und seit 2011 als digitaler Nachdruck verfügbar. In „Sanftes Erröten“ (2011) widmet sich der Autor anderen Artefakten, nämlich den Kunstwerken großer Maler, von Cranach über Vermeer und Goya bis hin zu Schiele und Kirchner. Weitere Infos über www.handyhaiku.net (Link nicht mehr aktiv).

Abb.: Eines der Gedichte im Band „handyhaiku“