In der Sendung „Kontrovers“ (Bayerisches Fernsehen) vom 13. Juli 2016 ging es um selbstfahrende Autos. Zu Wort kamen neben Bürgerinnen und Bürgern u.a. Alexander Dobrindt, Bundesverkehrsminister von Deutschland, und Prof. Dr. Oliver Bendel, Wirtschaftsinformatiker, Informations- und Maschinenethiker an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Im Ankündigungstext wurde unter dem Titel „Auch eine Frage der Moral“ der Inhalt des Films skizziert und auf Dilemmata eingegangen: „Es gibt viele offene Fragen: Wie verhält sich ein autonomes Fahrzeug in einer Gefahrensituation? Was macht das Auto, wenn plötzlich ein kleines Mädchen vor ihm auf die Straße läuft? Was, wenn der Fahrer das Kind nur verschonen kann, indem er ausweicht, aber dadurch zum Beispiel einen Senioren gefährdet? Ist ein junges Leben mehr wert als ein älteres?“ (Website BR) Oliver Bendel ist nicht gegen hoch- und vollautomatisiertes Fahren oder autonome Autos. Diese gehören nur nach seiner Meinung auf die Autobahn, nicht in die Stadt. Selbst die Autobahn ist noch schwierig zu bewältigen; die Stadt zu bewältigen, ist kaum möglich. Ein Problem sind Kameras, die sich schnell täuschen respektive leicht täuschen lassen. Sie müssen auf jeden Fall mit weiteren Sensoren gekoppelt werden. Das Gespräch mit Oliver Bendel führte Patrick Lerch. Weitere Informationen über www.br.de.
Abb.: Das Interview mit Oliver Bendel fand in München statt
Am 1. Juli 2016 war Matthias Meili vom Tages-Anzeiger im Gespräch mit dem Wirtschaftsinformatiker und Maschinenethiker Oliver Bendel. Thema war der Unfall des Tesla Model S. Ein Sattelschlepper war über eine Einfahrt auf dem Highway, über die die Richtung gewechselt werden kann, senkrecht zum PKW geraten, der die weiße Fläche für den Himmel bzw. ein Schild gehalten hat und unvermindert weitergefahren ist. „Dieser Unfall hätte von einem menschlichen Fahrer absolut vermieden werden können, sofern es nicht zu schnell gegangen ist, was ich aber nicht beurteilen kann. Grundsätzlich hat der Mensch kein Problem damit, eine sehr helle Fläche vom Himmel zu unterscheiden.“ (Tages-Anzeiger, 1. Juli 2016) Vermutlich hätte der Fahrer den Sattelzug auch frühzeitig gesehen und hätte ausweichen oder herunterbremsen können. Oliver Bendel ist nicht grundsätzlich gegen automatisierte und autonome Autos, ganz im Gegenteil: „Ich habe den Tesla vor einigen Monaten mit Autopilot auf einer Autobahn in der Nähe von Bern gefahren und das sehr genossen. Der Wagen hat erst mal den Verkehr beobachtet und als eine Lücke kam, hat er selbständig die Spur gewechselt. Das macht er sehr weich und sehr flüssig, es war faszinierend.“ (Tages-Anzeiger, 1. Juli 2016) Der Wissenschaftler rät dazu, in den nächsten Jahren weitere Tests und Experimente zu machen und hoch- und vollautomatisierte bzw. autonome Autos vorrangig auf Autobahnen ohne Wendemöglichkeiten fahren zu lassen. Der Artikel vom 1. Juli kann über www.tagesanzeiger.ch/wissen/technik/ein-mensch-haette-diesen-unfall-nicht-gebaut/story/26161200 aufgerufen werden.
In der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt fand am 14. Juni 2016 das DVR-Forum „Automatisiertes Fahren und Ethik“ statt. Der Untertitel „Welche Entscheidungen wollen wir Maschinen überlassen?“ deutete den Schwerpunkt an. An der Podiumsdiskussion nahmen Prof. Dr. Oliver Bendel (Hochschule für Wirtschaft FHNW), Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf (Universität Würzburg), Prof. Dr. Jürgen Leohold (Volkswagen AG), Prof. Dr. Volker Lüdemann (Hochschule Osnabrück) und Prof. Klaus Kompaß (BMW Group) teil. Es moderierte Monika Jones von der Deutschen Welle. Bendel sprach sich dafür aus, die Roboterautos auf der Autobahn fahren zu lassen. Innenstädte seien in den nächsten Jahren kaum beherrschbar. Als Maschinenethiker sieht er nur geringe Chancen, dass befriedigende Regeln und Formeln in Bezug auf Tod und Leben von menschlichen Verkehrsteilnehmern entwickelt werden. Seine Forschung konzentriert sich daher darauf, dass Haus- und Wildtieren mit Hilfe von Fahrerassistenzsystemen und Roboterautos geholfen wird. Hilgendorf wies darauf hin, dass ein utilitaristisches Durchzählen in manchen Fällen durchaus vom Recht gedeckt sei. Lüdemann problematisierte Roboterautos als Datenkraken. Kompaß und Leohold sprachen aus der Perspektive der deutschen Automobilindustrie, die – wie mehrere Diskutanten bemerkten – unter immer mehr Druck aus dem Silicon Valley gerät. Dieses geriet zum Sinnbild des Wandels in der Branche und war mit einem Mal in Berlins Mitte. Weitere Informationen über www.tag-der-verkehrssicherheit.de.
Das Bayerische Fernsehen (BR Fernsehen) hat Oliver Bendel im Mai 2016 ins Verkehrszentrum des Deutschen Museums nach München eingeladen und dort ein Gespräch mit ihm geführt. „Mit über 4500 Exponaten zählen die Sammlungen des Landverkehrs zu den größten, wertvollsten und ältesten Sammlungen des Deutschen Museums.“ (Website Verkehrszentrum) Es ging um autonome Autos und den Verkehr der Zukunft. Der Philosoph und Wirtschaftsinformatiker sprach sich dafür aus, die Autobahnen dafür vorzusehen und die Städte weitgehend zu verschonen. Im Museum war ein Prototyp von Daimler ausgestellt, bei dem das autonome Fahren bereits Mitte der 90er-Jahre mit Hilfe von Fernsehkameras realisiert wurde. Im Ankündigungstext wird unter dem Titel „Auch eine Frage der Moral“ der Inhalt des Films skizziert und auf Dilemmata eingegangen: „Es gibt viele offene Fragen: Wie verhält sich ein autonomes Fahrzeug in einer Gefahrensituation? Was macht das Auto, wenn plötzlich ein kleines Mädchen vor ihm auf die Straße läuft? Was, wenn der Fahrer das Kind nur verschonen kann, indem er ausweicht, aber dadurch zum Beispiel einen Senioren gefährdet? Ist ein junges Leben mehr wert als ein älteres?“ (Website BR) Das Gespräch mit Oliver Bendel führte Patrick Lerch, ausgestrahlt wird der Beitrag voraussichtlich – ursprünglich eingeplant für den 1., dann für den 8. Juni 2016 – am 13. Juli 2016. Weitere Informationen über www.br.de.
Nach dem Wunsch von Alexander Dobrindt sollen „Autopilot und Fahrer rechtlich gleichgestellt“ werden, wie die Welt am 22. Mai berichtet. Der Verkehrsminister will zudem „ethische Fragen klären lassen“ (Die Welt, 22. Mai 2016). „Denn die Automatisierung kann zu moralisch kaum lösbaren Problemen führen. So sind Situationen vorstellbar, in denen ein Fahrzeug zwar einen Unfall nicht mehr verhindern, aber noch die Entscheidung treffen kann, ob es nach links ausweicht, wo eine Gruppe Schulkinder steht oder nach rechts wo ein älterer Fußgänger gerade die Straße überquert.“ (Die Welt, 22. Mai 2016) Dobrindt wolle deshalb „unter Beteiligung von Wissenschaft, Automobilindustrie und Digitalwirtschaft eine Kommission“ gründen, „die klare Leitlinien für Algorithmen entwickelt, welche die Fahrzeugreaktionen in Risikosituationen bestimmen“ (Die Welt, 22. Mai 2016). Allerdings will der Minister schon jetzt zwei Grundsätze für die Computersteuerungen vorgeben: 1. „Ein autonomes Auto müsse sich im Zweifel immer für den Sachschaden und gegen den Personenschaden entscheiden.“ Und 2: „Eine Qualifizierung des Faktors Mensch ist unzulässig“, wie es im entsprechenden Strategiepapier heißt. Ein Minister dürfe nur so wertvoll sein „wie alle anderen Menschen“ (Die Welt, 22. Mai 2016). Die Zeitung bemerkt dazu ganz richtig: „Doch gelöst ist das Problem mit dieser Festlegung natürlich noch nicht, denn nach irgendeinem Prinzip muss das Auto schließlich entscheiden, in welche Richtung es ausweicht, wenn ein Unfall unvermeidlich ist.“ Man darf gespannt sein, wer in die Kommission berufen wird und wie unabhängig diese ist. Die Welt hat in der Vergangenheit immer wieder über autonome Autos aus Sicht der Maschinenethik berichtet, etwa in diesem Artikel von Barbara Schneider und diesem Beitrag von Philipp Vetter.
„Die Maschinenethik, eine Gestaltungsdisziplin mit Nähe zu Künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik, hat ihre eigenen Workshops und Tagungen, in den USA und in Polen, und immer mehr Publikationen erscheinen. Im März 2016 trafen sich ihre Vertreter in Stanford im Rahmen der AAAI Spring Symposia, im Juli will man sich in New York bei der IJCAI16 austauschen, etwa über Roboterautos.“ Mit diesen Worten beginnt ein Artikel von Oliver Bendel, der am 29. April 2016 in ICTkommunikation erschienen ist. „Die Automobilindustrie reagiert auf die Überlegungen und Vorschläge zum Teil aufgeschlossen, zum Teil abwehrend. Sie wittert ein Milliardengeschäft und rüstet sich für die Herausforderungen und die Auseinandersetzungen.“ (ICTkommunikation, 29. April 2016) Der Verfasser erklärt in seinem Beitrag mit dem Titel „Roboterautos aus Sicht von Automobilindustrie und Maschinenethik“ zentrale Begriffe und Ansätze der Maschinenethik, wobei er Äußerungen aus der Wirtschaft einbezieht, und spricht sich für autonome Autos in bestimmten Bereichen aus. Mehr über ictk.ch/inhalt/roboterautos-aus-sicht-von-automobilindustrie-und-maschinenethik.
Abb.: Wie sieht das Auto der Zukunft aus und wo fährt es?
Das DVR-Forum „Automatisiertes Fahren und Ethik“ findet am 14. Juni 2016 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften statt. Der Untertitel „Welche Entscheidungen wollen wir Maschinen überlassen?“ deutet den Schwerpunkt an. In der Beschreibung heißt es: „Schon heute werden wir durch Assistenzfunktionen beim Autofahren unterstützt. Diese helfen, Unfälle zu vermeiden oder deren Folgen zu vermindern. In nicht allzu ferner Zukunft werden hochautomatisierte Fahrfunktionen folgen: Das Fahrzeug übernimmt – zunächst zeitweise – die Fahraufgabe, es gibt Gas, lenkt und bremst. Die Fahrenden können sich in dieser Zeit anderweitig beschäftigen und müssen die Fahrsituation nicht überwachen. Doch was geschieht beim hochautomatisierten Fahren in einem Notfall, wenn sich ein Unfall nicht mehr vermeiden lässt?“ Und weiter: „In solchen Situationen müssen die Fahrzeuge in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen. Dafür müssen sie programmiert werden, Menschen müssen festlegen, wie das Auto reagieren soll. In rasender Geschwindigkeit kann die Maschine viele Möglichkeiten durchspielen und die Reaktion auswählen, die den größten Erfolg – bzw. den geringsten Schaden – verspricht. An der Podiumsdiskussion nehmen Prof. Dr. Oliver Bendel (Hochschule für Wirtschaft FHNW), Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf (Universität Würzburg), Prof. Dr. Jürgen Leohold (Volkswagen AG), Prof. Dr. Volker Lüdemann (Hochschule Osnabrück) und Prof. Klaus Kompaß (BMW Group) teil. Es moderiert Monika Jones von der Deutschen Welle. Weitere Informationen über www.tag-der-verkehrssicherheit.de.
Für „Der Sonntag“ vom 13. März 2016 hat René Zipperlen den Wirtschaftsinformatiker und Maschinenethiker Oliver Bendel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW interviewt. Sein Interesse gilt u.a. der Situation, die sich niemand wünscht: „Was ist, wenn ein autonomes Auto einen Unfall baut?“ Der Wissenschaftler führt aus: „Es klingt paradox: Für den Menschen stellt sich womöglich keine moralische Frage, weil alles viel zu schnell geht. Bei der Maschine entsteht aber vielleicht eine moralische Situation, weil sie andere Möglichkeiten nutzen kann als nur Reflexe, sie kann aufgrund einer Vielzahl von Beobachtungen und Bewertungen blitzschnell entscheiden, ob sie weiterfährt, ausweicht oder bremst.“ (Der Sonntag, 13. März 2016) Eine andere Frage ist: „Würden Sie die Autonomie von Fahrzeugen ab einem gewissen Punkt begrenzen?“ Die Antwort lautet: „Ich bin für hybride Autos, bei denen wir noch selbst eingreifen können. Google will Lenkrad und Pedal entfernen. Das halte ich für einen Fehler, denn es macht uns ohnmächtig. Ich wäre durchaus dafür, das autonome Auto zwischen Städten verkehren zu lassen, auf geraden Strecken wie der Autobahn.“ (Der Sonntag, 13. März 2016) Zipperlen: „Und im Stadtverkehr?“ Bendel: „Würde ich es im Moment verbieten. Städte sind zu kompliziert.“ (Der Sonntag, 13. März 2016) Der ganze Beitrag mit dem Titel „Die Moral der Roboter“ kann hier heruntergeladen werden.
Abb.: Fahrverbot in den Städten für das autonome Auto?
In der Stuttgarter Zeitung vom 12. März 2016 ist ein ganzseitiges Interview – geführt hat es der Wissenschaftsjournalist Dr. Werner Ludwig – mit Prof. Dr. Oliver Bendel aus Zürich erschienen. Der Wirtschaftsinformatiker und Ethiker geht u.a. auf autonome Autos ein: „Ich bin nicht gegen das autonome Auto an sich. Ich bin ja selbst Maschinenethiker und konzipiere Maschinen, die bestimmte moralische Entscheidungen treffen. Ich bin nur der Meinung, dass das Auto eigentlich kein geeignetes System für die praktische Anwendung ist – zumindest, wenn es dabei um Menschenleben geht. Ich beschäftige mich stattdessen mit der Frage, wie man Kollisionen mit Tieren vermeiden kann. Auch das ist ja ein ethisches Problem. Ich frage mich zum Beispiel, ob man nicht Autos bauen könnte, die vor dem letzten Frosch seiner Art bremsen – natürlich nur, wenn dahinter keiner fährt. Ich halte es für schwierig und kaum akzeptabel, dass Maschinen über Menschenleben entscheiden.“ (Stuttgarter Zeitung, 12. März 2016) Das Interview mit der Überschrift „Menschenleben sind keine Rechengröße“ ist auf Seite 11 zu finden. Es kann, mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Zeitung, hier heruntergeladen werden.
Im Saal war noch ein gut gelaunter Guildo Horn (Podiumsteilnehmer im Workshop „Wie schreibt man über Menschen mit Behinderungen?“), als die Referenten hereinkamen. Er begrüßte sie mit den Worten: „Jetzt kommen schon die Nächsten – hallo!“ Die Nächsten waren die Referenten des Workshops „Maschinenethik“, nämlich Oliver Bendel („Moral für Maschinen“) und Barbara Lenz („Autonome Autos“). Bendel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW eröffnete in fachlicher Hinsicht den Workshop und führte in die derzeit wohl meistdiskutierte Disziplin ein – und gestand, dass ihm die ganze Zeit das Lied „Guildo hat euch lieb“ des von ihm sehr geschätzten Sängers und Aktivisten durch den Kopf gehe. Lenz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vertiefte mit dem derzeit wohl meistgenannten Anwendungsbeispiel. Abgesagt hatte Frank Sauer, Universität der Bundeswehr München („Autonome Waffen“). Über eine halbe Stunde erstreckte sich ein lebhaftes Frage-Antwort-Spiel mit dem Moderator Ralf Krauter vom Deutschlandfunk, der den Referenten auch noch die letzten Geheimnisse (die natürlich längst publiziert waren) entlockte. Wie programmiert man moralische Maschinen? Was spricht für regelbasierte, was für fallbasierte Ansätze? Wieviel Autonomie soll der Mensch behalten? Was will die Wirtschaft, was die Wissenschaft? Die anwesenden Journalistinnen und Journalisten geizten anschließend nicht mit Fragen. Im Konferenzhotel Maritim ging es insgesamt trubelig zu im Rahmen der Veranstaltung „Wissenswerte“. In den Workshops redete man sich die Köpfe heiß über „Multimediales Storytelling“, „Science und Fiction“ und „Big Data in der Medizin“. Im Messebereich präsentierten sich die Partnerorganisationen, u.a. die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und der Stifterverband. Am frühen Abend war Dr. Franz Alt im Gespräch mit Lena Ganschow. Danach klang der Abend beim Essen im Friesenhof aus.
Im Jahrbuch „Strassenverkehr Schweiz 2016“ geht es auch um Roboterautos. Die Wissenschaftsjournalistin Barbara Fischer hat im Technopark in Zürich den Maschinenethiker Oliver Bendel interviewt. Sie beginnt mit den Worten: „Autonome Fahrzeuge sind nichts Neues, bereits Kutschen haben so funktioniert. War der Kutscher betrunken oder eingeschlafen, blieben die Pferde vor einer Schlucht selbstständig stehen und warteten, bis der Kutscher die Steuerung wieder übernehmen konnte.“ Der Professor, der an der Hochschule für Wirtschaft FHNW arbeitet, meint: „Ein sehr schöner Vergleich. Im Grunde verfügen Kutschen über entsprechende Systeme. Das Pferd ist sozusagen der intelligente Antrieb und Fahrerassistent. Der Kutscher entspricht dem Autofahrer, er ist verantwortlich für das Gefährt. Meist sitzt er bewusst am Steuer, er kann die Führung aber auch delegieren. Ein spannendes Detail im Fall der Kutsche: Pferde haben ihren eigenen Kopf, wenn sie klug sind, bleiben sie rechtzeitig stehen, wenn sie Angst haben, rasen sie womöglich in den Abgrund.“ Im Folgenden plädiert Bendel für einfache moralische Maschinen und problematisiert komplexe moralische Maschinen wie autonome Autos, die über Leben und Tod von Menschen entscheiden. Das Jahrbuch mit dem Interview ist am 9. November 2015 erschienen. Es richtet sich an „die Gesamtheit aller Entscheidungsträger der Schweizer Verkehrsszene“ (www.kömedia.ch). Der Beitrag steht dank der freundlichen Genehmigung durch die Autorin und den Verlag auf dieser Plattform kostenlos als PDF zur Verfügung.
Abb.: Klein, leicht, wendig – ein Vorbild für das Roboterauto?
Ein Workshop in Bremen widmet sich dem Thema „Maschinenethik – wenn Roboter über Leben und Tod entscheiden“. Den Eröffnungsvortrag hält Prof. Dr. Oliver Bendel, Hochschule für Wirtschaft FHNW (Basel, Olten und Brugg-Windisch). Er führt in die Disziplin ein und stellt Methoden vor, um moralische Maschinen umzusetzen. Dabei geht er auch auf annotierte Entscheidungsbäume ein. Auf der Website www.wissenswerte-bremen.de wird erklärt: „Maschinen, die quasi als Subjekte selbst Verantwortung übernehmen – wer trifft die Entscheidungen, wer übernimmt die Verantwortung? Die technologische Entwicklung stellt die Gesellschaft vor viele Fragen und Herausforderungen; bisherige Regeln lassen sich nur schwer auf aktuelle und zukünftige Gegebenheiten übertragen.“ Der Workshop lege den Fokus auf ein hochaktuelles Problem und widme sich den ethischen Problemen bei zwei exemplarischen autonomen Systemen, nämlich bei Roboterautos (Vortrag von Prof. Dr. Barbara Lenz, Leiterin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Berlin) und autonomen Waffensystemen (Vortrag von Dr. Frank Sauer, Senior Researcher, Institut für Politikwissenschaft, Universität der Bundeswehr München). Der Workshop ist Teil des Dialogforums WISSENSWERTE 2015 vom 16. bis 17. November 2015. Die Programmplanung obliegt u.a. der Technischen Universität Dortmund, Partner sind Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und Stifterband für die deutsche Wissenschaft. Das Programmheft enthält weitere Informationen.
Wen soll das autonome Auto töten? Darf es überhaupt töten? Wen soll die Drohne töten? Der Maschinenethiker Oliver Bendel befasst sich seit mehreren Jahren mit solchen Fragen. Bei watson.ch gibt es am 4. November alte und neue Antworten. Bendel spricht sich dafür aus, die Maschine nicht über Leben und Tod von Menschen entscheiden zu lassen. Dafür muss man das Roboterauto, wenn man es zulässt, in die Schranken weisen. Auf separaten Fahrspuren, zu bestimmten Uhrzeiten und mit reduzierter Geschwindigkeit entstehen weniger Unfälle und dadurch weniger Dilemmata. Zudem werden die Fahrzeuge für Skeptiker und Gegner berechenbarer, was ihrer Akzeptanz zuträglich ist. Überhaupt muss, so fordert Bendel, die Gesellschaft miteinbezogen werden. Am Rande wird auch auf Kampfroboter eingegangen. Der Maschinenethiker sagt dazu: „Ich habe zwar den Aufruf gegen Kampfroboter mitunterschrieben, aber ich muss zugeben, dass die Sache nicht ganz so schwarz-weiss ist, wie sie auf den ersten Blick scheint. Ein Kollege stellte schon vor einiger Zeit fest: Im Gegensatz zu Soldaten vergewaltigen Killerroboter nicht, sie brandschatzen nicht, sie plündern nicht. Sympathisch sind sie mir trotzdem nicht.“ (watson.ch, 4. November 2015) Der Beitrag kann über www.watson.ch/!106690026 aufgerufen werden.
Abb.: An diesem Jagdflugzeug war noch nichts autonom
„Wer soll auf den Straßen über Leben und Tod von Menschen entscheiden?“ So lautete die Frage von @Infoethik bei einer der ersten Umfragen auf Twitter. Die neue Funktion namens Twitter Polls erlaubt es, die Meinungen der Benutzer einzuholen. Auf ZDNet wird Produktmanager Todd Sherman zitiert: „Twitter Polls sei eine neue Möglichkeit, mit dem riesigen Twitter-Publikum zu interagieren und herauszufinden, was Menschen denken. Für die Teilnehmer sei es eine einfache Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen.“ (Website ZDNet, 22. Oktober 2015) Weiter wird erklärt: „Umfragen auf Twitter haben eine vorgegebene Laufzeit von 24 Stunden. Nutzer können über zwei mögliche Antworten zu einer Frage abstimmen lassen.“ (Website ZDNet, 22. Oktober 2015) Jeder, der angemeldet ist, kann den passenden Radiobutton auswählen; wie man abgestimmt hat, wird nicht öffentlich mitgeteilt. Die beiden Antworten „Die Fahrer“ und „Die Autos“ wurden in den ersten Minuten einige Male angeklickt. Die Autos rasten davon. Es sollen weitere Umfragen zur Maschinenethik und zur Informationsethik stattfinden.
Prof. Dr. Mark Coeckelbergh vom Centre for Computing and Social Responsibility De Montfort University, Leicester, UK hält am 21. Oktober 2015 einen Vortrag zum Thema „Die Ethik selbstfahrender Autos“. Im Ankündigungstext heißt es: „Sollten wir völlig automatisierte, intelligent selbstfahrende Autos ohne menschliche Fahrer entwickeln und verwenden? Können solche Autos jemals sicher sein? Können sie ethisch sein? Stellen solche Autos eine Bedrohung von Menschen dar oder ist das Weglassen von Menschen als Fahrer die Lösung?“ (Website ots.at) Es geht demnach um Fragen der Technik- und Informationsethik, aber auch der Maschinenethik. Auch die Frage nach der kulturellen Adaption wird aufgeworfen: „Ein weiteres Problem könnte hinsichtlich der kulturellen Unterschiede entstehen: wenn Fahrverhalten in Gesellschaften und Kulturen verschieden ist, wie kann das beim Design solcher autonomer Systeme berücksichtigt werden?“ Der Vortrag findet am Österreichischen Forschungsinstitut für Artificial Intelligence in Wien statt und beginnt um 18.30 Uhr. Weitere Informationen über www.ots.at.
Abb.: Für die Kuh wird gebremst, ob in Indien oder in Texas
Das Programm der Tagung „Roboterethik – Sie sind stark, klug, selbstständig. Und was wird aus uns?“, veranstaltet von der Daimler und Benz Stiftung sowie vom Cologne Center for Ethics, Rights, Economics and Social Sciences of Health (ceres), wurde Mitte Oktober 2015 fertiggestellt. Es steht auch über maschinenethik.net zum Download bereit. Während der eintägigen Veranstaltung in Berlin soll, wie ceres auf seiner Website schreibt, „aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden, wie autonome Systeme unser Leben und unsere Gesellschaft verändern und welche ethischen Spannungsfelder hierdurch in unterschiedlichen Lebensbereichen aufgeworfen werden bzw. zukünftig entstehen können“ (Website ceres). Die Leitung der Tagung, die am 24. November 2015 ab 10 Uhr stattfindet, hat Prof. Dr. Christiane Woopen inne, die Referenten sind Prof. Dr. Alin Albi Schäffer (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Direktor des Instituts für Robotik and Mechatronik), Prof. Dr. Oliver Bendel (Fachhochschule Nordwestschweiz, Professor für Wirtschaftsinformatik, Informationsethik und Maschinenethik), Prof. Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen (Technische Universität Dortmund, früherer Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Industriesoziologie), Prof. Dr. Norbert Lammert (Präsident des Deutschen Bundestages), Prof. Dr. Catrin Misselhorn (Universität Stuttgart, Direktorin des Instituts für Philosophie), Prof. Dr. Jochen Steil (Universität Bielefeld, geschäftsführender Direktor des Instituts für Kognition und Robotik) und Prof. Dr. Johannes Weyer (Technische Universität Dortmund, Professor für Techniksoziologie). Die Eröffnungsrede hält Prof. Dr. Eckard Minx, Vorsitzender des Vorstands der Daimler und Benz Stiftung.